Wir sprechen (selbstverständlich) oft darüber, wie wunderbar die Tech-Branche ist, da wir wirklich davon überzeugt sind. Hier trifft man die unterschiedlichsten Menschen, die alle ihre Traumkarriere verfolgen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem sozioökonomischen Status, ihrer demografischen Situation oder sogar ihrem Charakter.
Allerdings wäre es ein Fehler, über den Stand der Tech-Branche zu sprechen, ohne das weit verbreitete Problem der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Berufswelt zu erwähnen. Neben den offensichtlichen sozialen Auswirkungen eines enorm von Männern dominierten Sektors hat dies auch Folgen für das gesamte politische, wirtschaftliche und kulturelle Handeln. In Wahrheit ist das Arbeitsplatz- und Qualifikationsdefizit in der Tech-Branche größtenteils auf die große Geschlechterkluft zurückzuführen. Um diese Kluft, welche ein internationales Problem darstellt und immer größer wird, zu schließen, müssen ernsthafte Anstrengungen unternommen werden, um die Ursachen dieser Problematik zu verstehen und sie zu lösen.
In diesem Bereich gibt es zwar Tag für Tag Bemühungen aus allen Ecken unserer Gemeinschaft in den USA, Europa und Südamerika, aber es macht keinen Sinn, ein Problem zu bekämpfen, das wir nicht vollständig verstehen. Aus diesem Grund möchten wir den aktuellen Stand der Geschlechterdiskrepanz in der Tech-Branche untersuchen, die Ursachen des Problems ermitteln und nach Lösungen für die Zukunft suchen.
Sexismus und Geschlechterdiskriminierung
Die Tech-Branche ist nicht die einzige Branche, die sich den Herausforderungen der Vielfalt stellen muss – ganz im Gegenteil. Sexismus und Geschlechterdiskriminierung gab es leider schon immer.
Beim Sexismus handelt es sich um ein kompliziertes Konzept, das die Überzeugung beinhaltet, ein Geschlecht sei dem anderen überlegen. Bei der geschlechtsspezifischen Diskriminierung hingegen wird jemand aufgrund seiner Geschlechtsidentität diskriminiert. Diese Art von Diskriminierung, die historisch gesehen hauptsächlich mit der Bevorzugung von Männern verbunden ist, kann drastische Auswirkungen haben. Die Gesellschaft wird stark von geschlechtsspezifischen Erwartungen beeinflusst und kann die Karriereplanung, die Wahl des Arbeitsplatzes, die Art, wie wir uns kleiden, wie wir uns verhalten sollten, was wir studieren sollten und vieles mehr beeinflussen.
Eines der markantesten Beispiele für die Folgen geschlechtsspezifischer Erwartungen der Gesellschaft ist der Arbeitsplatz. Sowohl Männer als auch Frauen werden bei ihrer Berufswahl stark davon beeinflusst, was die Gesellschaft von ihnen erwartet. 97,78 % des Pflegepersonals, 95,65 % der Rechtsanwaltsfachangestellten, 89,09 % der Tänzer und Choreographen und 88,45 % der Empfangsangestellten sind Frauen. Andererseits sind 99,19 % der Fahrzeugtechniker, 98,97 % der Tischler und Schreiner, 96,4 % der Elektro- und Elektroniktechniker und 95,38 % der Telekommunikationsingenieure Männer.
Doch diese gewaltigen Unterschiede in bestimmten Berufsfeldern sind nicht das Einzige, was du beachten solltest. Weltweit herrscht ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von 20 %, was bedeutet, dass Frauen im Durchschnitt 20 % weniger verdienen als Männer. Dies wird noch verschärft durch die tatsächlichen Rollen, die Männer und Frauen innehaben: Wenn hochrangige und besser bezahlte Jobs von Männern dominiert werden, ist es naheliegend, dass diese auch mehr Geld verdienen. Doch das ist leider nicht der einzige Grund:
Wie bereits erwähnt, arbeiten Frauen tendenziell in Branchen, die schlechter bezahlt werden als die von Männern dominierten Branchen.
Führungspositionen werden in der Regel von Männern bekleidet.
Männer werden häufiger befördert.
In jedem einzelnen Land auf der Welt verdienen Frauen für dieselbe Arbeit weniger als Männer.
Frauen sehen sich einem unglaublichen Druck ausgesetzt, wenn sie schwanger werden oder sich dafür entscheiden, mit ihren Kindern zu Hause zu bleiben.
Frauen übernehmen zahlreiche unbezahlte Aufgaben, wie die Kinderbetreuung oder die Pflege eines kranken Familienmitglieds.
Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen beruhen auf jahrhundertelangen patriarchalischen Überzeugungen, die Männer in eine Machtposition gegenüber Frauen gebracht haben. Heute hat sich die Kluft zwischen Männern und Frauen in den meisten Teilen der Welt erheblich verkleinert. Früher hatten Männer die vollständige Kontrolle über Frauen: bei der Eröffnung von Bankkonten, beim Autofahren, bei der Art, wie sie sich kleiden, beim Zugang zum Gesundheitswesen, zur Bildung oder beim Wahlrecht.
Zwar können sich die meisten von uns nicht an die eben genannten Beispiele der Geschlechterdiskriminierung in ihrem eigenen Leben erinnern, aber es herrschen noch immer große Probleme in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter in der heutigen Gesellschaft. Und davon sind alle betroffen: Nur 50 % der Frauen auf der Welt sind erwerbstätig, verglichen mit 80 % der Männer.
Geschlechtsspezifische Ungleichheiten
Zur Messung des Geschlechtergefälles in den einzelnen Ländern stützt sich der jährliche Global Gender Gap Index des Weltwirtschaftsforums auf vier Hauptkategorien, um das Ausmaß der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern innerhalb eines Landes zu bestimmen: wirtschaftliche Teilhabe und Chancen, Zugang zu Bildung, Gesundheit und Lebenserhaltung sowie politische Teilhabe. Die Länder erhielten in jeder Kategorie eine Bewertung von 0 - 100. Dabei stehen 100 % für die vollständige Erreichung der Geschlechtergleichstellung.
Wirtschaftliche Teilhabe und Chancen
In diesem Abschnitt werden fünf Faktoren bewertet: Erwerbsquote, Lohngleichheit für vergleichbare Arbeit, geschätztes Arbeitseinkommen, Gesetzgeber, leitende Beamte und Manager sowie Fachkräfte und technische Angestellte. Der Bericht zeigt, dass Volkswirtschaften mit höherem Einkommen im Durchschnitt eine Bewertung von 69 %, Volkswirtschaften mit mittlerem bis hohem Einkommen 68 %, Volkswirtschaften mit niedrigem bis mittlerem Einkommen 63 % und Volkswirtschaften mit niedrigem Einkommen 66 % erreichten.
Die Gleichstellung der Geschlechter steht in Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten und die Länder mit einer leistungsfähigeren Wirtschaft schneiden etwas besser ab.
Zugang zu Bildung
In dieser Rubrik wurden die Alphabetisierungsrate und die Einschreibung in der Grund-, Sekundar- und Hochschulbildung definiert. In dieser Kategorie konnten 29 Länder eine vollständige Geschlechtergleichheit auf drei verschiedenen Wirtschaftsebenen vorweisen. Die weltweiten Werte liegen zwischen 48 % und 100 %, und je weiter der Bericht zu den Ländern mit niedrigeren Werten vordringt, desto größer wird die Kluft.
Gesundheit und Lebenserhaltung
Bei diesem Index wurden das Geschlechterverhältnis bei der Geburt und die gesunde Lebenserwartung herangezogen, um die geringsten Abweichungen und das kleinste Geschlechtergefälle in dieser Kategorie zu ermitteln. Zwar hat kein einziges Land die Gleichheit erreicht, aber immerhin haben 141 Länder die Kluft zwischen den Geschlechtern um mindestens 95 % geschlossen. Katar, Pakistan, Aserbaidschan, China und Indien sind die einzigen Länder mit einer Geschlechterkluft von mehr als 5 %.
Politische Teilhabe
Hierbei werden die Anzahl der Frauen im Parlament und in den Ministerien sowie die Jahre mit weiblichen Staatsoberhäuptern (in den letzten 50 Jahren) ausgewertet, um das Geschlechtergefälle in Bezug auf politische Teilhabe zu ermitteln. In dieser Rubrik ist die Lücke mit einem Gesamtprozentsatz von 22 % am größten. Auch hier ist die Spanne sehr groß, wobei das Schlusslicht Vanuatu mit 0 % die niedrigste und der Spitzenreiter Island mit 87 % die höchste Punktzahl erreicht. Auf der ganzen Welt haben nur 11 Länder ihr Geschlechtergefälle um mehr als 50 % verringert: Finnland, Norwegen, Neuseeland, Nicaragua, Costa Rica, Ruanda, Deutschland, Bangladesch, Schweden, Irland und Südafrika. Nur 39 % der Länder liegen über dem weltweiten Durchschnitt, was bedeutet, dass mehr als 60 % unter dem Durchschnitt liegen.
Der Kurs der Vereinten Nationen hin zur Geschlechtergleichstellung
Die Vereinten Nationen haben bis zum Jahr 2030 Ziele für nachhaltige Entwicklung festgelegt, und die Gleichstellung der Geschlechter ist das fünfte dieser Ziele. Zur Erreichung der Gleichstellung der Geschlechter haben die Vereinten Nationen die folgenden neun Schritte als Prioritäten festgelegt:
Beenden jeglicher Form der Diskriminierung von Frauen und Mädchen in allen Ländern.
Beseitigung jeglicher Form von Gewalt gegen Mädchen und Frauen in allen Ländern, einschließlich Menschenhandel und Ausbeutung.
Abschaffung aller schädlichen geschlechtsspezifischen Praktiken wie Früh- oder Zwangsehe und weibliche Genitalverstümmelung.
Anerkennung und Wertschätzung unbezahlter Pflege- und Hausarbeit durch öffentliche Dienste und öffentliche Schutzmaßnahmen, die die Aufteilung der elterlichen Verantwortung fördern.
Gewährleistung uneingeschränkter und wirksamer Teilhabe sowie gleiche Führungsmöglichkeiten für Frauen auf allen Ebenen des politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens.
Gewährleistung von allgemeinem Zugang zur Aufklärung über sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte.
Durchführung von Reformen, um Frauen gleiche Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen und Zugang zu Eigentum und Kontrolle über Land, Finanzdienstleistungen, Erbschaften und natürliche Ressourcen zu verschaffen.
Nutzung von Technologie, um die Teilhabe von Frauen zu fördern.
Einführung und Verschärfung von Strategien und Gesetze zum Schutz der Geschlechtergleichstellung für alle Frauen und Mädchen.
Die Geschlechterkluft im Tech-Bereich
Geschlechtsspezifische digitale Ausgrenzung hat schwerwiegende Konsequenzen für die Gesellschaft und die Tech-Branche als solche.
„Zugangsbarrieren, Bezahlbarkeit, (mangelnde) Bildung und technologische Kompetenzen sowie geschlechtsspezifische Vorurteile und soziokulturelle Normen sind die Ursachen für geschlechtsspezifische digitale Ausgrenzung. Ein verstärkter, sicherer und erschwinglicher Zugang zu digitalen Werkzeugen ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie politische Maßnahmen gegen langfristige strukturelle Vorurteile.“
Der erste Punkt in Bezug auf das Thema Geschlechtergleichstellung betrifft ihre ethischen und unmittelbaren Auswirkungen. Eine Welt, in der mehr Gleichberechtigung herrscht, könnte jedoch in vielen Bereichen Vorteile bringen, vor allem in der Weltwirtschaft. Untersuchungen zufolge verbessert eine geringere Kluft zwischen den Geschlechtern das globale BIP, erhöht die Produktivität und fördert Innovationen. Noch immer nicht überzeugt? Es hat sich gezeigt, dass befähigte Frauen:
Die Konsumausgaben erhöhen
Entscheidungsprozesse verbessern
Eine integrativere Gesellschaft fördern
Die Bemühungen um Nachhaltigkeit erhöhen
Der IWF berichtet Folgendes:
„Wir wissen, dass in Ländern, in denen eine größere Ungleichheit zwischen den Geschlechtern herrscht, die Wirtschaftsleistung allein durch die Schließung der Lücke bei der Erwerbsbeteiligung von Frauen um durchschnittlich 35 Prozent gesteigert werden kann [...] In Norwegen erhöhte der Ausbau der allgemeinen Kinderbetreuung die Wahrscheinlichkeit der Beschäftigung von Müttern um 32 Prozentpunkte.“
Laut dem Gender Employment Gap Index (GEGI) der Weltbank könnte das Pro-Kopf-BIP um fast 20 % steigen, wenn die Kluft zwischen den Geschlechtern geschlossen würde und Männer und Frauen den gleichen Zugang zu bezahlter Beschäftigung hätten. In der Tech-Branche ist die Geschlechterkluft in vier Bereichen jedoch besonders groß: Internetnutzung und -zugang, digitale Fähigkeiten und Tools, MINT-Beteiligung sowie Führungspositionen und Unternehmertum im Technologiesektor.
Das Geschlechtergefälle und die Internetnutzung
Die Internetnutzung ist der Schlüssel zu mehr Chancen für Frauen, sowohl im technischen als auch in anderen Bereichen. Europa und der amerikanische Kontinent verzeichnen die höchsten Internetnutzungsraten und haben die Geschlechtergleichheit erreicht oder stehen kurz davor. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung hat jedoch keinen Internetzugang. Den Großteil davon machen Frauen in unterentwickelten Ländern aus.
Universeller Internetzugang ist eines der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) und unabdingbar, um die Lücke schließen zu können. Durch den weltweiten Zugang könnten Frauen Bildungsmöglichkeiten, eine bessere Gesundheitsversorgung und mehr Chancen erhalten.
Die Geschlechterkluft und digitale Kompetenzen
Digitale Fähigkeiten sind nicht nur für technische Berufe erforderlich. Jeder braucht digitale Fähigkeiten, um voll an der Gesellschaft teilzuhaben und Zugang zu Finanzdienstleistungen, Bildungsmöglichkeiten, Gesundheitsdiensten und mehr zu haben. Das Geschlechtergefälle könnte jedoch noch stärker verringert werden, wenn Frauen die gleichen fortschrittlichen digitalen Fähigkeiten hätten, um die Defizite auf dem Technologiemarkt auszugleichen. Die Digital SME Alliance berichtet Folgendes:
„Die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern sind am stärksten in Bezug auf disruptive technologische Kompetenzen ausgeprägt, die in aufstrebenden Sektoren wie KI, Robotik und Cloud Computing stark gefragt sind. Nach Angaben des Weltwirtschaftsforums sind weltweit nur 26 % der KI-Jobs von Frauen besetzt. Noch alarmierender ist die Situation in den Bereichen Cloud und Daten, wo die Zahlen bei 15 % bzw. 12 % liegen.“
Die digitale Wirtschaft entwickelt sich in einem rasanten Tempo, und in so gut wie jeder Branche werden Fachkräfte im technischen Bereich benötigt. Durch den Zugang zu digitalen Kompetenzen kann die Geschlechtergleichstellung erreicht und die globale Wirtschaft verbessert werden.
Das Geschlechtergefälle und die MINT-Beteiligung
Weltweit gesehen haben Frauen im Bereich der Ausbildung fast die Gleichstellung erreicht: in der Grundausbildung (45-55 %), in der Hochschulausbildung (53 %) und in der Doktorandenausbildung (43 %). Allerdings liegt ihr Anteil an den MINT-Studierenden nur bei 35 %. Das ist vor allem aus zwei Gründen problematisch: Erstens gewinnen die MINT-Fächer immer mehr an Bedeutung, und wenn Frauen sie nicht studieren, bekommen sie keinen Zugang zu den Jobs in diesen Branchen. Zweitens gehören MINT-Berufe zu den bestbezahlten Positionen weltweit, und wenn Frauen aufgrund mangelnder Ausbildung oder Qualifikation keinen Zugang dazu haben, wird das geschlechtsspezifische Lohngefälle nur noch größer.
Der Mangel an Frauen in der MINT-Branche lässt sich auf die folgenden drei Ursachen zurückführen: mangelndes Selbstvertrauen, Stereotypen über technische Fachkräfte und eine von Männern beherrschte Kultur. Die Statistiken für das Jahr 2020 machen deutlich, wie groß diese Lücke ist:
Der Frauenanteil unter den Bachelorabsolvierenden in den Bereichen Computer- und Informationsdienste betrug nur 16 %, in den Ingenieurwissenschaften 21 %, in den Wirtschaftswissenschaften 27 % und in den Naturwissenschaften 38 %.
Weniger als 20 % der Führungspositionen im Tech-Bereich sind mit Frauen besetzt.
Nur 19 % der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und 15 % der CEOs sind Frauen.
39 % der Frauen in der Tech-Branche sind der Meinung, dass geschlechtsspezifische Vorurteile sie an einer Beförderung hindern.
Der Frauenanteil bei Apple liegt bei 34 %, aber nur 24 % der Tech-Positionen sind von Frauen besetzt.
Während der COVID-19-Pandemie war das Risiko für Frauen, ihren Arbeitsplatz zu verlassen, beurlaubt oder entlassen zu werden, fast doppelt so hoch.
Die Geschlechterkluft und Führungspositionen/Unternehmertum im Tech-Bereich
Da wir bereits die Hürden erläutert haben, mit denen Frauen beim Einstieg in die Tech-Branche konfrontiert werden, konzentrieren wir uns in diesem Abschnitt auf die Probleme, mit denen die Frauen konfrontiert werden, die bereits in der Branche tätig sind, insbesondere in Bezug auf Beförderungen. Oft kämpfen Frauen mit Problemen, an die Männer gar nicht denken, wie z. B. der Übernahme von Betreuungsaufgaben, dem Mangel an Vorbildern und anderen Frauen in ähnlichen Rollen sowie dem größeren Druck, ihr Können unter Beweis stellen zu müssen.
Obwohl Frauen 40 % der weltweiten Unternehmer in der Frühphase ausmachen, werden immer noch mehr Unternehmen von Männern als von Frauen gegründet. Durch eine Befragung konnten wir herausfinden, dass Frauen eher ein Unternehmen gründen, weil sie etwas bewirken wollen oder weil es einen Mangel an Arbeitsplätzen gibt, während Männer eher ein Unternehmen gründen, um Vermögen zu schaffen oder eine Familientradition fortzuführen. An Startups im Tech-Bereich sind nur 2,7 % der Frauen beteiligt, verglichen mit 4,7 % der Männer.
Das Geschlechtergefälle nach Ländern
Anhand von globalen Statistiken können wir uns ein Bild von der allgemeinen geschlechtsspezifischen Diskrepanz in der Tech-Branche machen, aber es ist wichtig, die Daten der einzelnen Länder zu betrachten, um ein präziseres Bild der einzelnen Märkte, der Bereiche mit Verbesserungsbedarf und der spezifischen Maßnahmen zur Erreichung der Geschlechterparität zu erhalten.
Das Vereinigte Königreich
Im Vereinigten Königreich arbeiten fünf Millionen Menschen in der Tech-Branche, aber nur 17 % dieser Stellen sind von Frauen besetzt. In Bezug auf die gesamte britische Erwerbsbevölkerung machen Frauen jedoch 49 % aller Beschäftigten aus. Diese Differenz zwischen der Zahl der erwerbstätigen Frauen und der Zahl der in der Tech-Branche beschäftigten Frauen ist genau das, was wir als Geschlechterkluft bezeichnen.
Dieses Problem fängt bereits vor dem Eintritt von Frauen in das Berufsleben an – nur 35 % der MINT-Studierenden an britischen Hochschulen sind weiblich. Mit Bezug auf dieses Thema lassen sich drei Ursachen unterscheiden:
Mädchen entscheiden sich seltener für ein MINT-Studium. Dies hat mehrere Gründe: In einer so stark von Männern dominierten Branche finden Mädchen keine Vorbilder oder einen Platz für sich selbst. Zudem sind Lehrer/innen nicht gut darauf vorbereitet, Mädchen die Möglichkeiten von technischen Berufen aufzuzeigen und werden daher nicht einmal ermutigt, den Anteil von Mädchen im MINT-Bereich zu fördern. Während 33 % der Männer eine Karriere im technologischen Bereich vorgeschlagen bekommen haben, können das nur 16 % der Frauen von sich behaupten.
Mädchen ziehen eine technische Karriere nicht in Erwägung. Bei der Wahl ihres Abiturs ziehen Mädchen eher als Jungen ihren zukünftigen beruflichen Werdegang in Betracht, und wenn sie eine technische Karriere nicht als Option erachten, entscheiden sie sich nicht für MINT-Kurse.
Es mangelt an weiblichen Vorbildern. Wenn Mädchen keine weiblichen Führungspersönlichkeiten in der Tech-Branche vorfinden und stattdessen eine überwältigende Mehrheit von Männern sehen, wird ihnen das Gefühl vermittelt, dass eine Karriere im Tech-Bereich nichts für sie ist.
Und diese Zahlen stehen in direktem Zusammenhang mit den Gehältern. Laut dem UK Tech Workplace Equality Report liegt das Durchschnittsgehalt für männliche Tech-Beschäftigte bei 66.000 £ verglichen mit Frauen bei 63.000 £.
Zur Bekämpfung dieser Diskrepanz und um mehr Frauen zu ermutigen, in die Tech-Branche einzusteigen, haben einige britische Unternehmen Empowerment-Mentoren eingestellt, die Frauen dabei helfen, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen, wenn sie sich um eine Stelle bewerben, das richtige Gehalt zu verlangen, Belästigungen oder andere Probleme anzusprechen und neue Stellen anzutreten. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine persönliche Entscheidung der Frauen, sondern um ein gesellschaftliches Problem, das nur durch einen proaktiven Ansatz der Gesellschaft als Ganzes gelöst werden kann.
Die Vereinigten Staaten
Auf dem US-amerikanischen Tech-Markt sind lediglich 26 % Frauen beschäftigt, obwohl der Anteil der Frauen an der Gesamtbelegschaft fast gleich ist (49 %). Und obwohl der Frauenanteil in den MINT-Studiengängen im Jahr 2020 bei 45 % lag, haben nur 22 % bzw. 20 % einen Abschluss in Ingenieurwissenschaften bzw. Informatik gemacht. Anhand von Daten, die über einen Zeitraum von zwei Jahren gesammelt wurden, lässt sich der Ursprung dieses Problems ermitteln:
Es gibt nur wenige weibliche Vorbilder. Da die Tech-Branche größtenteils von Männern beherrscht wird, betrachten Mädchen sich nicht als zukünftige Fachkräfte im Technologiebereich.
Stereotypen halten sich hartnäckig in der Tech-Branche. Viele Mädchen werden aufgrund von Stereotypen und der Auffassung, dass technische Berufe für Männer gemacht sind und sie „weibliche“ Laufbahnen einschlagen sollten, von der Technik ferngehalten. 44 % der befragten Frauen zwischen 18 und 28 Jahren erhielten nie Informationen oder Ressourcen für den Einstieg in die Tech-Branche. Bei den Männern lag dieser Wert nur bei 33 %.
Die MINT-Branche ist frauenfeindlich. Frauen in der MINT-Branche berichten, dass sie sich isoliert fühlen, Opfer von Mikroaggressionen werden und weniger Vertrauen in den Arbeitsplatz haben. Abgesehen davon, dass ihren Meinungen am Arbeitsplatz kein Gehör geschenkt wird, sind alle diese Faktoren Gründe dafür, dass Frauen sich nicht für die Technik entscheiden oder die Branche verlassen.
Ein weiteres Problem tritt dann auf, wenn Frauen es tatsächlich in das Berufsfeld schaffen. 38 % der Frauen mit einem Abschluss im Bereich Informatik arbeiten auch tatsächlich in diesem Sektor, verglichen mit 53 % der Männer. Im Ingenieurwesen sieht die Situation ähnlich aus. Frauen haben auch das Gefühl, dass die gläserne Decke – eine metaphorische Barriere, die Frauen und Minderheiten daran hindert, die gleichen beruflichen Fortschritte zu machen wie Männer – sie daran hindert, Führungsrollen zu übernehmen. 48 % der Neueinstellungen auf der Einstiegsebene entfallen auf Frauen, aber nur 40 % auf die erste Führungsebene. Diese Kluft wird mit der zunehmenden Bedeutung der Führungsrolle immer größer.
Die Daten sind jedoch vielversprechend. Laut der National Science Foundation erwerben mehr Frauen als je zuvor MINT-Abschlüsse. Mit dem Eintritt der Generation Z in die Hochschulen und anschließend in die Arbeitswelt können wir davon ausgehen, dass immer mehr Frauen in die Tech-Branche einsteigen werden, da sie die erste Generation bilden, die die Digitalisierung seit Geburt an erlebt hat.
Spanien
In Spanien liegt der Frauenanteil unter den Tech-Beschäftigten bei nur 20,6 %. Hinzu kommt, dass sich der Bedarf an Fachkräften in der Tech-Branche jedes Jahr verdoppelt, wodurch eine große Lücke entsteht, die Frauen den Einstieg in die Tech-Branche ermöglicht. In Spanien verdienen Frauen 9,4 % weniger als Männer. Das mag vielleicht nicht so viel erscheinen, aber das bedeutet, dass sie 34 Tage im Jahr umsonst arbeiten.
Wie wir bereits erwähnt haben, ist der Mangel an Frauen in der Tech-Branche auf Probleme zurückzuführen, die lange vor dem Eintritt von Frauen in die Arbeitswelt entstanden sind. Nur 35 % der MINT-Studierenden an Hochschulen sind Frauen und nur 3 % studieren Informations- und Kommunikationstechnologie und damit zusammenhängende Fächer. Der Frauenanteil unter den Studierenden lag im Zeitraum zwischen 2020 und 2021 bei 55,3 %, aber nur 29 % von ihnen belegten Ingenieurstudiengänge und 13,4 % Informatikstudiengänge. Interessanterweise ist die Wissenschaft in Spanien jedoch ein von Frauen dominiertes Feld. 75 % der Biomedizinstudierenden, 68,7 % der Medizin-, 65,8 % der Biochemie- und 61,7 % der Biotechnologiestudierenden sind Frauen. In den technischen Berufen sind jedoch 87 % der Männer in der Telekommunikation, 74 % in der Industrie und 73 % in der Physik tätig.
Diese große Differenz ergibt sich aus den Unterschieden in der Sozialisation von Jungen und Mädchen. Starke Geschlechterstereotypen dominieren das Leben junger spanischer Kinder und von Jungen wird erwartet, dass sie erfinderisch und berechnend sind, während Mädchen eine eher fürsorgliche Rolle übernehmen.
Frauen machen nur 20 % des spanischen Startup-Ökosystems aus und diese Zahl hat sich in den letzten acht Jahren nicht verändert. 51 % der Frauen sind Multiunternehmerinnen verglichen mit 62 % bei den Männern. 42 % der Frauen sind mit einem früheren unternehmerischen Vorhaben gescheitert und nur 24 % haben ein Startup erfolgreich verkauft, verglichen mit 33 % der Männer. Allerdings gibt es in Spanien den größten Anteil an weiblichen Führungskräften in FinTech-Startups in ganz Europa (25 %).
Spanien unternimmt ernsthafte Anstrengungen zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles. Im Jahr 2012 lag das Lohngefälle bei 18,7 % und damit fast 10 % höher als heute. Und auch die spanische Regierung setzt sich mit dem Königlichen Dekret 902/2020 für Lohngleichheit ein, indem sie die Arbeitnehmer/innen über Lohnunterschiede und Lohndiskriminierung aufklärt und jedes Unternehmen zur Transparenz anhält.
Deutschland
17 % der Arbeitsplätze in der deutschen Tech-Branche sind von Frauen besetzt, obwohl Frauen und Männer in der Gesamtbelegschaft nahezu gleich stark vertreten sind. Und obwohl sie mehr als die Hälfte der Hochschulbevölkerung ausmachen (52 %), liegt der Anteil der Frauen an den MINT-Studierenden nur bei 35 %.
Negative Klischees tragen dazu bei, dass Frauen in Deutschland zögern, in die Tech-Branche einzusteigen. Dies wird noch verstärkt durch den geringeren Digitalisierungsstand von Frauen, der sich wie folgt auswirkt:
Eingeschränkter Zugang zu Informationen
Erschwernisse bei den Beschäftigungsmöglichkeiten
Geringere Effizienz der Branche
Vergrößerte Kluft zwischen verschiedenen sozioökonomischen Gruppen
Erhöhtes Risiko für Cyberkriminalität
Laut einer Umfrage von Microsoft interessieren sich Mädchen im Alter von 11 Jahren für MINT, ändern aber mit 15 Jahren ihre Meinung. Der Hauptgrund für diesen Wechsel ist ein Mangel an Vorbildern. Zudem gibt es in Deutschland eine der größten geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede in ganz Europa: Männliche Tech-Beschäftigte verdienen etwa 15.000 € mehr pro Jahr als ihre Kolleginnen, die die gleiche Position bekleiden. Im Ingenieurwesen gehen Experten zum Beispiel davon aus, dass Frauen von der Gesellschaft darauf konditioniert werden, schlechter bezahlte Branchen zu wählen, und dass sie eher bereit sind, Teilzeitjobs anzunehmen. Darüber hinaus verlassen Frauen die Tech-Branche früher als Männer. Im Alter von 45 Jahren sind nur noch 9 % der Frauen in ihrem Technologiebereich tätig.
Im Startup-Ökosystem fällt es Frauen in Deutschland schwer, Finanzmittel zu erhalten und Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu bekommen. Tatsächlich werden 63 % der Startups ausschließlich von Männern gegründet und nur 6 % der weiblichen Gründerinnen sind aktive Business Angels.
Deutschland benötigt jetzt also einen gleichstellungsorientierten Ansatz, der sich darauf konzentriert, sowohl strukturelle als auch kulturelle Barrieren für Frauen aus dem Weg zu räumen.
Portugal
Eine Besonderheit der Daten über portugiesische Arbeitskräfte ist, dass das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in der Tech-Branche und in allen anderen Branchen relativ ähnlich ist, was bedeutet, dass die Entscheidung für eine Tech-Karriere finanziell nicht so riskant ist wie in anderen Ländern. Zwar ist das Lohngefälle nicht so groß wie in anderen Ländern, aber trotzdem verdienen männliche Tech-Angestellte im Durchschnitt 16 % mehr als Frauen in den gleichen Positionen. Das schreckt Frauen davon ab, in die Branche einzusteigen: Nur 18 % der Tech-Experten sind Frauen. Viele begründen ihre Entscheidung, die Branche zu meiden oder sie zu verlassen, mit begrenzten Wachstumsmöglichkeiten und niedrigen Gehältern.
Während in vielen Nachbarländern Frauen in MINT-Studiengängen stark unterrepräsentiert sind, ist in Portugal mit 57 % die Mehrheit der Studierenden in MINT-Studiengängen weiblich. Dieser Prozentsatz sinkt jedoch, sobald die Kurse fortgeschrittener werden. Die Studentinnen geben an, dass sie sich in den Kursen nicht einbezogen oder integriert fühlen. Außerdem erklärten die Studierenden, dass sie in Abteilungen arbeiten, in denen auf zehn Männer ein bis zwei Frauen kommen, und 10 % arbeiten in einer Abteilung, in der es gar keine anderen Frauen gibt.
Gruppen wie Portuguese Women in Tech und das PWIT Salary Transparency Project arbeiten sowohl an der Schließung dieser Lücken als auch an der Aufklärung der Bevölkerung über diese Probleme, welche auf einen allgemeinen Mangel an Vielfalt am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. Da die Tech-Branche die portugiesische Wirtschaft weiter vorantreiben wird, werden Frauen eine Schlüsselrolle spielen.
Niederlande
Allmählich öffnet sich die Tech-Branche, die in den Niederlanden lange als Männerdomäne galt, auch für Frauen. In der digitalen Industrie stellen Frauen 38 % der Gesamtbelegschaft, während es in der IT-Branche nur 18 % sind. Und nur 36 % der Frauen halten Führungspositionen inne (25 % davon sind CEOs). Für Unternehmerinnen ist diese Zahl seit 2005 von 2 % auf 8 % gestiegen.
Die Geheimniskrämerei um Vielfalt, Inklusion und Gehälter trägt auch nicht gerade dazu bei, dass der niederländische Technologiesektor attraktiver für Frauen wird. 88 % der Unternehmen veröffentlichen keine Angaben zu den Gehältern und 99 % haben keine öffentliche Strategie, wie sie das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern in den Niederlanden verringern können. Wenn nicht offen über Entlohnung, Gleichstellungspraktiken und Unternehmensvielfalt gesprochen wird, kann dies Stereotypen, Mythen und falsche Informationen fördern und Frauen weiter davon abhalten, in die Tech-Branche einzusteigen.
Die Niederlande sind geprägt von bestimmten gesellschaftlichen Ansichten und Normen in Bezug auf Geschlecht, Bildung und Berufswahl, durch die die Möglichkeiten für Frauen stark eingeschränkt werden. Erstaunlicherweise arbeiten in von Frauen dominierten Branchen wie dem Gesundheitswesen (70 %) und dem Bildungswesen (48 %) hauptsächlich Frauen in Teilzeit, und mehr als die Hälfte von ihnen tut dies aufgrund von Kinderbetreuungspflichten, Hausarbeit und der familiären Betreuung im Privatleben. Im Vergleich dazu sagen nur 27 % der Männer das Gleiche. Diese gesellschaftlichen Ansichten wirken sich auch auf die Bildungsentscheidungen junger niederländischer Schülerinnen aus. In den Niederlanden findet sich eine der niedrigsten Anteile von Frauen in MINT-Fächern in Europa, und der Mangel an weiblichen Vorbildern macht den Einstieg in den Technologiebereich für Frauen größtenteils unattraktiv, zusätzlich zu den seit langem bestehenden Stereotypen oder sexistischen Überzeugungen.
Obwohl diese Probleme unüberwindbar zu sein scheinen, liegt der Schlüssel zum Erfolg in der niederländischen Tech-Branche in den Händen der Frauen. Wenn Frauen in gleichem Maße wie Männer in das Berufsleben einsteigen würden, könnte dies zu einem Anstieg des nationalen BIP um 100 Milliarden € führen. Zu diesem Zweck schlägt PwC vor, Vernetzungsmöglichkeiten für Frauen in der Branche zu schaffen, weibliche Talente umzuschulen, Erfolgsgeschichten von weiblichen Vorbildern zu teilen, ein inklusives Umfeld zu entwickeln und den Schwerpunkt auf die Anwerbung und Ausbildung von Frauen für Positionen im Tech-Bereich zu legen.
Brasilien
Obwohl Brasilien von sich behaupten kann, dass 39 % der Positionen in der Tech-Branche von Frauen besetzt sind, muss man einen wichtigen Punkt beachten: Nur 20 % dieser Positionen haben einen Bezug zur Tech-Branche und die Mehrheit nimmt eine unterstützende oder administrative Funktion ein. Bis zum Jahr 1964 hatten brasilianische Frauen keinen Zugang zu ihren Finanzen und konnten bis 1963 noch nicht einmal einen Personalausweis besitzen, wodurch ihr Zugang zu Bankkonten eingeschränkt war. Finanzielle Unabhängigkeit ist immer noch etwas, an das sich brasilianische Frauen erst gewöhnen müssen.
Aufgrund starker gesellschaftlicher Klischees herrscht in der brasilianischen Tech-Branche weder eine geschlechtliche noch eine ethnische Vielfalt. Vor allem schwarze Frauen sind extrem unterrepräsentiert. Studien zufolge sind vielfältigere und integrative Büros jedoch insgesamt produktiver und positiver, da sich die Beschäftigten dort wertgeschätzt und gestärkt fühlen. Wie in vielen lateinamerikanischen Ländern existieren auch in Brasilien ausgeprägte Stereotypen, die sich nur schwer ändern lassen: Von Frauen wird erwartet, dass sie Krankenschwestern werden und von Männern, dass sie eine Karriere als Ingenieur machen.
Im Jahr 2019 lag der Frauenanteil unter den Absolvierenden in MINT-Fächern bei nur 26 %. Im Folgenden präsentieren wir einige Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können, um Vielfalt und Inklusion zu fördern:
Verwendung einer inklusiven Sprache bei Stellenbeschreibungen
Durchführung anonymer Bewerbungsgespräche, um bewusste oder unbewusste Voreingenommenheit zu vermeiden
Schulungen, die den Beschäftigten helfen, jegliche Art von Vorfällen zu erkennen und zu melden
Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Frauen das Gefühl zu vermitteln, dass sie ihre häuslichen Pflichten nicht vernachlässigen, wenn sie sich dafür entscheiden zu arbeiten
Tatsächlich helfen diese Techniken nicht nur den Frauen, sondern verbessern auch die allgemeine Arbeitsatmosphäre und Arbeitszufriedenheit für alle. Was die weiblichen Führungskräfte betrifft, so wurden 20 Mal mehr Unternehmen von Männern als von Frauen gegründet. Zudem wachsen von Frauen gegründete Unternehmen viel langsamer und sind in ihrem Erfolg eingeschränkt. Durch ein Ungleichgewicht von Frauen in Führungspositionen kann es für jüngere Mädchen schwieriger werden, sich mit dem Tech-Bereich zu identifizieren und sich für ein Studium in einem MINT-Fach zu entscheiden.
Aber mit einem Anstoß allein ist es nicht getan. Brasilianische Mädchen brauchen die richtige Ausbildung und das nötige Empowerment, um zu erkennen, dass sie in die Tech-Branche gehören und dass sowohl Erfolg als auch Führungsoptionen für sie eine reale Perspektive darstellen.
Frankreich
Trotz des noch nie dagewesenen Wachstums der französischen Tech-Szene und des großen Fachkräftemangels beträgt der Anteil der weiblichen Beschäftigten in der Branche nur 20 %. Dies stellt zwar eine Verbesserung im Vergleich zu 2020 dar, wo der Prozentsatz bei nur 17 % lag, aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns. Nur 12 % der französischen Startup-Gründer/innen sind Frauen und nur 11 % bekleiden eine Führungsposition. Auch die finanziellen Mittel, die sie zur Finanzierung ihrer Startups erhalten, sind geringer als bei männlichen Gründern, was Frauen nicht gerade dazu anregt, den Sprung ins Tech-Unternehmertum zu wagen.
Darüber hinaus berichten 46 % der Frauen in der Tech-Branche, dass sie Opfer von sexistischem Verhalten geworden sind, z. B. von geschlechtsspezifischem Spott, und dass der Mangel an Frauen in der Tech-Branche generell weniger Innovation und eine weniger integrative Kultur zur Folge hat. Andere empfinden das Hochstapler-Syndrom, das Gefühl, nicht dazuzugehören oder mit unfairen Stereotypen konfrontiert zu werden. Organisationen wie La French Tech arbeiten jedoch daran, dies im Rahmen ihres Paritätspaktes 2022 zu bekämpfen, der in ihren Mitgliedsunternehmen Folgendes sicherstellen soll:
Bis 2025 einen Frauenanteil von mindestens 20 % und bis 2028 von mindestens 40 % im Vorstand des Unternehmens zu erreichen.
100 % der Führungskräfte zu Vielfalt und Inklusion und zur Bekämpfung von Diskriminierung und Belästigung zu schulen.
Gewährleistung, dass 100 % der veröffentlichten Stellenausschreibungen sich gleichermaßen an Männer und Frauen richten.
Und ab 2023 müssen sich Unternehmen, die sich um die Aufnahme in den französischen Tech Next 40/120 bewerben, also große Unternehmen mit dem Potenzial, in den CAC 40-Aktienindex aufgenommen zu werden, dazu verpflichten, an der Beseitigung der Geschlechterungleichheit zu arbeiten und ein Gleichstellungsmonitoring durchzuführen.
Mexiko
In Mexiko beruht die Kluft zwischen den Geschlechtern in der Technologiebranche eher auf einem systemischen Problem: den digitalen Fähigkeiten und dem Internetzugang der allgemeinen Bevölkerung und natürlich der Frauen. Im Vergleich zu anderen Ländern liegt Mexiko bei den geschlechtsspezifischen Unterschieden im Technologiebereich deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Das liegt daran, dass der digitale Zugang von Bundesstaat zu Bundesstaat stark variiert und in ländlichen Gebieten extrem niedrig ist.
In der Regel verfügen Männer über mehr digitale Kompetenzen als Frauen, und diese reichen von grundlegenden bis zu fortgeschrittenen Kenntnissen, vom Versenden einer E-Mail bis zum Programmieren. Und bei den Frauen über 36 Jahren weitet sich die Kluft sogar noch weiter aus. Mädchen und Frauen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren haben jedoch die meisten digitalen Fähigkeiten, wodurch sich die perfekte Gelegenheit bietet, mehr Frauen im Tech-Bereich zu etablieren. Nur 12 % der Hochschulabsolvierenden im Technologiebereich sind Frauen und nur 10 % der Frauen, die einen Abschluss in einem MINT-bezogenen Bereich machen, sind tatsächlich in diesem Bereich tätig.
In Mexiko sind 44 % der Frauen erwerbstätig, im Vergleich zu 77 % der Männer. Was die Führungspositionen angeht, so haben nur 9 % der Digital- und Tech-Unternehmen Frauen in Führungspositionen und 23 % haben eine weibliche Mitgründerin. Bei den Gehältern sieht es auch nicht viel rosiger aus: Männliche Softwareentwickler verdienen 26 % mehr als Frauen mit den gleichen Qualifikationen und der gleichen Erfahrung. Dieser Mangel an Frauen in der Arbeitswelt lässt sich auf einige Faktoren zurückführen:
Finanzielle Unabhängigkeit: Nur wenige Frauen in Mexiko genießen finanzielle Unabhängigkeit, und wenn sie einen zusätzlichen Kurs belegen oder eine neue Stelle antreten, würde das bedeuten, dass sie sich vor der Kinderbetreuung oder der Verantwortung für die Familie „drücken“.
COVID: Mexiko hat durch die COVID-Krise 1,1 Millionen Arbeitgeber verloren, und vor allem Frauen hatten viele Entlassungen zu verkraften und mussten zusätzlich noch familiäre Verpflichtungen wahrnehmen.
Unbezahlte Hausarbeit: Untersuchungen zufolge leisten mexikanische Frauen aus allen sozioökonomischen Schichten mehr als 30 Stunden pro Woche unbezahlte Haus- und Pflegearbeit.
Trotz der Herausforderungen, mit denen mexikanische Frauen in der Tech-Branche konfrontiert werden, ergreifen viele Organisationen die Initiative, um die Geschlechtergleichheit zu erreichen. Der Women in Digital Award wurde erstmals am 8. März 2022 an Salma Jalife Villalón, Präsidentin des Centro México Digital, verliehen, das jährliche Berichte über die Digital- und Tech-Branche veröffentlicht. Die Confederación Patronal de la República Mexicana vergibt Stipendien an Frauen, um die Arbeit im Homeoffice und die Weiterentwicklung digitaler Qualifikationen zu fördern. NIÑASTEM PUEDEN setzt sich für die Förderung von jungen Mädchen im Technologiesektor ein und Codigo X arbeitet auf allen Bildungsebenen, um Frauen und Mädchen für den Technologiesektor zu begeistern.
Frauen sind die Zukunft des Tech-Bereichs
Gerade als Frau kann es entmutigend sein, den ersten Schritt in die Tech-Branche zu machen. Aber mach dir keine Sorgen, es ist eine gute Entscheidung, von der sowohl du als auch künftige weibliche Generationen in der Tech-Branche profitieren werden. Wenn du nicht weißt, wo du anfangen sollst, zeigen wir dir ein paar Dinge, die du tun kannst, um in die Technologiebranche einzusteigen:
Schaffe ein starkes Netzwerk: Nutze LinkedIn, deine Kontakte an der Uni oder Leute, die du bereits aus der Tech-Branche kennst, um Selbstvertrauen aufzubauen, Ratschläge und Unterstützung von Frauen zu erhalten, die bereits in der Tech-Branche Fuß gefasst haben.
Sei hartnäckig und widerstandsfähig: Auf deinem Weg wirst du auf Herausforderungen stoßen und dich vielleicht manchmal entmutigt fühlen, aber denke daran, um Hilfe zu bitten, kontinuierlich zu lernen und deine Ziele weiter zu verfolgen.
Denke daran, dass du in die Technik gehörst: Frauen sind im technischen sowie in jedem anderen Bereich zu Hause. Auch wenn du nicht viele Frauen in diesem Bereich siehst, gibt es sie und sie warten darauf, dass du dich ihnen anschließt.
Tritt für dich selbst ein: Sei dir deines Wertes bewusst und fordere Beförderungen, Gehaltserhöhungen, neue Möglichkeiten und all die anderen Dinge, die du im Job haben möchtest. Du gehörst in die Tech-Branche und kannst alles erreichen.
Wie du merkst, unterscheiden sich die Probleme, mit denen Frauen in der Technologiebranche konfrontiert sind, von Land zu Land, aber es gibt allgemeine Themen, die überall auf der Welt gleich sind. Wir haben einige internationale Expertinnen und Experten zu den sieben größten Herausforderungen weltweit befragt und was die Gesellschaft tun kann, um diese in Angriff zu nehmen.
Geschlechtervorurteile von Kindheit an beseitigen
Die Kluft zwischen den Geschlechtern bildet sich bereits im Kindesalter auf sehr harmlose Weise: Wenn man Mädchen Puppen zum Spielen gibt und Jungen Autos und Lego, fördert das unterschiedliche Verhaltensweisen und beeinflusst damit die Art und Weise, wie Mädchen und Jungen ihre zukünftigen Berufswege wählen. Wenn Kinder sehen, dass die meisten Pflege- und Betreuungsberufe von Frauen und MINT-Berufe und Tätigkeiten, die kritisches Denken erfordern, von Männern ausgeübt werden, werden sie automatisch annehmen, dass dies auch ihr Berufsweg ist. Häufig werden Männern auch bei Gruppenaktivitäten die risikoreichsten Aufgaben übertragen, während Frauen „sicherere“ Aufgaben wie Organisation, Design oder Details übernehmen.
In vielen Ländern liegt der Schwerpunkt bereits auf diesem Thema, aber wenn man sicherstellt, dass Kinder in einem geschlechtsneutralen Umfeld ohne gesellschaftliche Geschlechtererwartungen aufwachsen, kann das dazu führen, dass Kinder ihren Horizont erweitern, und sie dazu ermutigen, jede gewünschte Rolle zu übernehmen.
Das Selbstvertrauen der Frauen stärken
Hier eine kurze Statistik: Frauen bewerben sich nur auf Stellen, bei denen sie sicher sind, dass sie mindestens 90 % der Anforderungen erfüllen. Männer bewerben sich auch dann, wenn sie die Anforderungen nicht erfüllen. Der Grund dafür könnte in den gesellschaftlichen Erwartungen liegen: Männer werden ermutigt, Risiken einzugehen und keine Angst vor dem Scheitern zu haben, während Frauen vorsichtiger sind. Dazu kommt, dass Frauen am Arbeitsplatz auf eine andere Art kritisch hinterfragt und unter anderem nach ihren Familienplänen, ihrem Familienstand oder anderen Themen gefragt werden können, die nur Frauen vorbehalten sind.
Ein stärkerer Fokus auf Unvoreingenommenheit im Bewerbungsprozess und eine integrative Sprache könnten Frauen helfen, sich in neuen Situationen wohler zu fühlen. Außerdem können Unternehmen, die sowohl Mutterschafts- als auch Vaterschaftsurlaub anbieten und beide Elternteile gleichermaßen unterstützen, zur Bekämpfung von Klischees beitragen.
Mehr weibliche Vorbilder im Technologiebereich schaffen
Frauen mangelt es an Vorbildern und Beispielen erfolgreicher Tech-Frauen. Wenn Frauen feststellen, dass die größten Tech-Unternehmen von Männern dominiert werden, kann dies sehr entmutigend sein. Durch Frauenverbände und Communitys können Frauen jedoch Kontakte zu anderen weiblichen Tech-Angestellten knüpfen und Zugang zu Ressourcen, Tools und Mentoring-Programmen erhalten.
Darüber hinaus können Unternehmen Frauen mehr Chancen einräumen, Stipendien anbieten und weibliche Mentoren zur Verfügung stellen.
Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben schaffen
Frauen sind unverhältnismäßig stark von häuslichen und familiären Pflichten betroffen, was dazu führen kann, dass sie Teilzeit arbeiten oder ganz aus dem Berufsleben aussteigen. Die Möglichkeit für Frauen, zusätzlich zu Kinderbetreuung und flexiblem Elternurlaub auch Hybrid- oder Homeoffice-Optionen zu nutzen, könnte mehr Frauen dazu bewegen, sich für eine Tätigkeit im technischen Bereich zu entscheiden.
Die Geschlechterkluft in der Tech-Branche kann einschüchternd sein, aber das Wichtigste ist, dass sie sich weltweit verbessert und immer mehr Länder Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass alle Frauen Zugang zur Tech-Ausbildung und die gleichen Karrierechancen wie Männer haben.
Frauen sind die Zukunft in der Tech-Branche und es steht ganz klar fest, dass das Erreichen der Geschlechtergleichstellung in der Technik und in allen anderen Bereichen das Leben aller Menschen in jedem Sektor verbessern wird.